Die Geschichte stammt aus dem Buch Dänische Weihnacht anno 1920 und wird hier sehr stark verkürzt wiedergegeben:
Photograph: Henriette Roberts
In jungen Jahren war Mogens Pedersen ein begehrter Junggeselle gewesen. Er hätte jede Frau haben können, die er haben wollte, doch unglücklicherweise verliebte er sich in die Auserwählte seines besten Freundes.
In dem kleinen Fischereihafen, aus dem er stammte, war dies nicht nur Gegenstand von so manchem Gespräch, es sollte auch nicht all zu lange dauern, bevor die Freundschaft der beiden Männer auf die Probe gestellt wurde.
Dies sollte Mogens jedoch teuer zu stehen kommen. Nicht nur kostete es ihn die Freundschaft seines ältesten Kameraden, ein kurzer Arresthausaufenthalt, wegen Körperverletzung, war ebenfalls etwas, womit er sich abfinden musste.
War Mogens früher schon manchmal etwas eingeschüchtert gewesen, wenn die Dinge sich nicht zu seinem Vorteil ergaben, so zog er sich jetzt vollends in sich zurück.
Nach seiner Entlassung war er ein gebrannter Mann. Es war schwer, in seinem Heimathafen Arbeit zu finden und von Mädchen hatte er jetzt allemal genug.
Und so trug es sich zu, dass er auf Übersee anheuerte.
Viele Jahre segelte er auf den Meeren der Welt herum, bis es ihn abermals in heimische Regionen zog.
Ganz nach Hause wollte er jedoch immer noch nicht.
Ein Kamerad, den er auf einem Segeltörn kennengelernt hatte, stammte ebenfalls aus Skandinavien und hatte ihm von seinen Vorfahren erzählt, die im ewigen Eis gejagt und gefangen hatten.
Sie beschlossen, gemeinsam ihr Glück zu versuchen. Seitdem reisten sie jeden Herbst nach Spitzbergen, um sich als Pelzjäger zu versuchen. Den Winter verbrachten sie dort in einer einsamen Hütte. Im Frühling reisten wieder aufs norwegische Festland, um ihre Fänge zu verkaufen…
Sie schafften es gerade noch, sich in ihrer Hütte auf Spitzbergen einzurichten, bevor die Winterstürme einsetzten.
Tag und Nacht sauste der Wind um ihre notdürftige Behausung und schon bald war die Hütte unter Bergen von Schnee begraben. Mit dem Wintereinbruch kamen auch die eisige Kälte und die ewige Dunkelheit.
Aber jetzt kam Leben in ihre Hütte! Die beiden Pelzjäger gruben sich durch den Schnee und schon bald waren unzählige Fallen überall in dem harschen Terrain aufgestellt…
Photograph: Sergei Bolchakov
Es wurde kälter und das einzige Licht, das sie hatten, waren die Nordlichter. Wunderschön sahen sie aus, wie sie so giftgrün über dem Horizont leuchteten!
Doch kalt war es nicht nur draußen. Selbst wenn sie in der Hütte war, zog er sich zurück und beobachtete sie aus den Augenwinkeln…
Er hatte schon mehrere Fallen überprüft, als er Laute hörte. Normalerweise wäre er diesen sofort nachgegangen, doch seine Gedanken waren den beiden Sündern vorbehalten und er malte sich gerade aus, wie er sie erwischen würde.
Gerade als er sich in den Schneetunnel vor Hütte schleichen wollte, hörte er hinter sich ein kräftiges Brüllen. Ruckartig drehte er sich um, doch da war es schon zu spät. Ein großer Eisbär bäumte sich vor ihm auf und zog ihn am linken Bein wieder heraus….
Photograph: Sergei Bolchakov
Ein paar Tage vor Weihnachten fiel Mogens endlich zur Ruhe. Er hatte die Krise überstanden.
Am Weihnachtsabend holte der Kamerad einen Kronleuchter hervor, den er selbst aus Treibholz und Knochen gebastelt hatte, befestigte 4 Kerzen an ihm und zündete sie zur Feier des Tages an.
Das helle Licht schien Mogens in die Gegenwart zu bringen. Auf einmal war er hellwach und setzte sich im Bett auf. Verwirrt sah er sich um.
Langsam fing er an, zu stottern: „Es war eine sehr lange Nacht…“
„Ja,“ antwortete der Kamerad, „und es werden noch zwei Monate vergehen, bevor das Tageslicht wiederkommt.“
Mogens schüttelte den Kopf.
„So eine Polarnacht habe ich noch nie erlebt!“
Dann fiel sein Blick auf…
Quelle: Dänische Weihnacht anno 1920
