Die folgende Geschichte wurde sehr starkt verkürzt. Das Original findet man (mit vielen anderen Geschichten, Bräuchen und Rezepten) hier: Skandinavischer Weihnachtszauber
EINE MEXIKANISCHE WEIHNACHTS GESCHICHTE
Selbst in einem so kleinen Land wie Dänemark gibt es viele Ausländer (prozentual sogar mehr als in Deutschland), mit denen man den Alltag teilt und zu Weihnachten berichtet der eine oder andere dann gerne, wie er früher Weihnachten in seinem Land feierte.
In Mexiko, wo ich aufwuchs, ist die Küche schon immer ein sehr wichtiger Ort gewesen. So ähnlich, wie das Studio eines Künstlers, in dem sich alle Materialien und das Handwerkszeug befanden, um ein perfektes Bild zu kreieren. Der Geschmack der Mahlzeit ist natürlich wichtig, aber genauso wichtig ist es den Mexikanern, dass das Auge mitisst! Farbige Kombinationen und phantasievolle Dekorationen sind das i-Tüpfelchen, die den Genuss der mexikanischen Küche hervorheben.
Dieses Jahr war ich endlich als ‘groß genug’ angesehen worden. Man hatte einstimmig beschlossen, mir die Ehre zu erweisen, mich zwei wichtige Gerichte des Weihnachtsmahls für den heiligen Abend zubereiten zu lassen und ich nahm mir vor, dass meine kulinarischen Kreationen so wundervoll, wie die schönsten Gemälde der Welt sein sollten!
Zuerst würde ich den Kuchen backen: ‘Pastel De tres Leches’, ein typisch mexikanischer Kuchen, ‘Kuchen der drei Milchsorten’, nach einem uralten Rezept – nun ja, so “uralt”, wie Pulvermilch eben ist…
Ich wagte mich zunächst an das ‘Marengue’ (die Eischneehaube), gab zwei Tassen Zucker zu einer Tasse heißem Wasser, bis sich der Zucker ganz aufgelöst hatte und einen Sirup ergab. Dann schlug ich sechs Eiweiß zu steifen Eischnee und ließ ganz vorsichtig den Zuckersirup unter die festen Eiweiß, während ich sie immer weiter schlug, bis sich das schönste Marengue ergab.
Ich stellte die Marengue-Schale über Nacht in den Kühlschrank, damit sich eine perfekte Konsistenz bilden konnte und wollte am Morgen weiterarbeiten.
Gleich nach dem Frühstück machte ich mich an die Arbeit, heizte den Ofen auf 175 Grad vor und verrührte drei Tassen Mehl mit zwei Esslöffeln Backpulver, stellte die Schüssel zur Seite und begann acht Eiweiß steif zu schlagen. Das hatte ich ja schon am vorherigen Abend bewiesen, dass ich das konnte! Als sie langsam steif geworden waren, gab ich vorsichtig acht Esslöffel Zucker unter die Eiweiß und fügte vorsichtig acht Eigelb hinzu. Jetzt blieb nur noch übrig, eine Tasse Milch und das Mehl hinein zu tun und alles so lange zu rühren, bis es einen guten Teig ergab. Fleißig füllte ich alles in eine Backform und backte es eine Dreiviertelstunde. Anschließend ließ ich den Kuchen eine weitere Viertelstunde in der Form ruhen, bevor ich ihn herausnahm und ganz abkühlen ließ.
So weit, so gut! Jetzt konnte ich mich an den Guss machen. Ich verrührte 675 g Pulvermilch, 800 g Kondenzmilch und 450 g saure Sahne mit 2 Tassen Milch, goss alles über den Kuchen und ließ den Guss einziehen. Nun musste der Kuchen eine Stunde im Kühlschrank verweilen, bevor ich das Marengue-Topping überziehen konnte.
Jetzt, wo der Kuchen fertig war, wollte ich mich an meine nächste und letzte Spezialität machen: das Mango-Salsa! Ich war so aufgeregt, ich wusste, es würde bei allen besonders beliebt werden!
Erschöpft von all der Küchenarbeit, ging ich schließlich nach draußen, um mich, nach all der Arbeit, etwas auszuruhen. Plötzlich kam ein kleiner Junge auf mich zu und fragte, ob er unser Auto waschen könnte.
“Nein danke.” antwortete ich.
“Könnte ich dann vielleicht die Garage aufräumen? Oder den Rasen mähen? Oder irgendetwas etwas anderes tun? Egal was! Ich tue alles!”
“Am heiligen Abend?!” fragte ich ihn stirnrunzelnd,
“solltest du nicht auf dem Nachhauseweg sein und dich für’s Weihnachtsessen umziehen?”
“Nun ja… gerade, weil Weihnachten ist…” stammelte er nun…
Ich bat ihn, zu warten, ging ins Haus zurück, packte den Kuchen und die Salsa so gut ein, wie es mir möglich war und verstaute alles in einem Korb. Schnell eilte ich nach oben um das Geld zu holen, was ich die letzten sechs Monate gespart hatte, um meiner Mutter ein besonderes Geschenk kaufen zu können.
Schwer bepackt stand ich wieder vor dem Jungen und sagte:
“Das ist es, was du für mich tun sollst: Du trägst den Korb jetzt zum Geschäft…
Es war das erste Weihnachtsessen in meinem Leben, zu dem ich etwas Kulinarisches hatte beisteuern dürften und dann hatte ich nichts vorzuzeigen gehabt. Man stelle sich meine Überraschung vor, als ich sah, dass alle sich einig waren, dass ich das Richtige getan hatte und Großmutter meine Kochkünste, als die besten von allen, lobte!
Autor und Fotos: Dharma R. Rakonen
Die Fotos stammen aus:
Dort kann man die Geschichte ebenfalls finden.