Narizissten wollen in der Regel autonom sein, doch bei anderen dulden sie weder Selbstbestimmung, noch Selständigkeit.
Narzisstische Eltern gehen noch einen Schritt weiter: Oft sehen sie das Kind als Verlängerung ihres Selbst an und dulden somit ausschliesslich Marionetten und Jasager.
Doch selbst das ist ihnen nicht gut genug. Das Kind wird als Leibeigener gesehen und hat zusätzlich noch jeden Wunsch zu erfüllen, wobei der narzisstische Elternteil bei der Äusserung seiner Wünsche weder logisch, noch vernünftig vorzugehen scheint. Wichtig ist nicht unbedingt, dass das Kind tatsächlich Hilfe leistet, sondern, dass es dem Elternteil ständig zur Verfügung steht und das narzisstische Elternteil uneingeschränkt die Möglichkeit wahrnehmen kann, alle seine eigenen Frustrationen auf ihm abzuladen, indem es das Kind angreifën, beschimpfen, kritisieren, entwerten, verleumnen und auf andere Art manipulieren und misshandeln kann.
Um verstehen zu können, welche Rolle Autonomie in der Verhaltensweise von Narzissten spielt, müssen wir uns erst einmal den Begriff etwas genauer anschauen:
„Als Autonomie (altgriechisch αὐτονομία autonomía ‚Eigengesetzlichkeit‘, ‚Selbstständigkeit‘, aus αὐτός autós ‚selbst‘ und νόμος nómos ‚Gesetz‘) bezeichnet man den Zustand der Selbstbestimmung, Unabhängigkeit (Souveränität), Selbstverwaltung oder Entscheidungs- bzw. Handlungsfreiheit.
Ihr Gegenteil ist die Heteronomie.“
„Sie ist in der idealistischen Philosophie die Fähigkeit, sich als Wesen der Freiheit zu begreifen und aus dieser Freiheit heraus zu handeln.
Auch wird die Existenz von Autonomie in der Ethik als ein Kriterium herangezogen, nach dem Individuen ethische Rechte zugeordnet werden können.“
Giovanni Pico della Mirandola
Giovanni Pico della Mirandola stellt in seinem Werk Über die Würde des Menschen die Autonomie als besondere, gottgegebene Gabe des Menschen dar, die ihn von den Tieren unterscheidet.“
„Ein Autonomieverständnis, wie es Giovanni Pico della Mirandola entwarf, war grundlegend für die philosophische Strömung des Personalismus, wird aber in der heutigen Diskussion, die manchen Tieren Autonomie zugesteht und davon Rechte ableitet, als nicht mehr zeitgemäß betrachtet.“
Ein klassischer Philosoph der Autonomie ist Immanuel Kant, der Autonomie in der Ethik als die Bestimmung des sittlichen Willens allein durch die Vernunft darstellt.“
„Die ethische Autonomielehre Kants richtet sich gegen den Eudämonismus (Glückseligkeit als Ziel allen Strebens), vor allem aber gegen die katholische Morallehre seiner Zeit, die zu seiner Zeit den sittlichen Willen fast ausschließlich einer Fremdgesetzlichkeit (d. h. einer Heteronomie) unterwirft.“
„Kants Position stand der damaligen protestantischen Ethik näher, der zufolge der „gute Christ“ allein aufgrund seines Glaubens an Gott sittlich handle. Es ging Kant allerdings um die Begründung einer konfessions- und religionsübergreifenden Vernunftethik.
„Die Autonomie des Willens ist das alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihnen gemäßen Pflichten […]. Also drückt das moralische Gesetz nichts anders aus, als die Autonomie der reinen praktischen Vernunft, d. i. die Freiheit, und diese ist selbst die formale Bedingung aller Maximen, unter der sie allein mit den obersten praktischen Gesetzen zusammenstimmen können.“
– Kritik der praktischen Vernunft, I § 8.
Die reale Möglichkeit der Autonomie hängt nach Kant von der Überwindung gegebener Formen der Abhängigkeit und Fremdbestimmung ab, auch wenn diese eine gewisse Sicherheit zu bieten scheinen.“
„In diesem Sinn fordert Kant in seiner Schrift Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? von einem jeden den Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.“
„Der philosophische Autonomiebegriff wurde während und seit der Aufklärung maßgeblich von Kants Moralphilosophie geprägt.“
„Autonomie wird als die Möglichkeit und Aufgabe des Menschen bestimmt, sich selbst als freiheits- und vernunftfähiges Wesen zu bestimmen und entsprechend aus Freiheit nach dem Kategorischen Imperativ moralisch zu handeln.“
Erziehung und Sozialisation haben nicht zuletzt das Ziel, dem Heranwachsenden die Emanzipation von den ihn Erziehenden zu ermöglichen, so dass er ein Leben in Unabhängigkeit und Freiheit führen kann.“
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Autonomie
Anwendung im wirklichen Leben
In meinem eigenen Leben habe ich mir Kants Sichtweise zu Nutzen gemacht. Sie ist einer der Hauptgründe, warum ich die gravierenden Schikane meiner Eltern so gut überlebt habe.
Als Kind und Jugendliche wusste ich zwar nichts von Kants Moralphilosophie, war aber durch eigene logische Schlüsse selbst zu ähnlichen Erkenntnissen gekommen.
Da meine Eltern mir überhaupt keinerlei Privatsphäre oder gar Autonomie zugestanden, musste ich sie mir selbst erschaffen, indem ich mich von ihnen zurückzog und ihnen den Zugang zu meinen Gedanken und zu meinem Inneren verwehrte.
Ich war ihnen gegenüber trotzdem nett und freundlich und sogar hilfsbereit, aber sie werteten mein Verhalten als etwas, das ich nie und nimmer hätte tun dürfen. Sie waren beide felsenfest davon überzeugt, dass ein Kind Leibeigener der Eltern sei und somit keinerlei eigene Gedanken haben dürfe. Allein die Eltern konnten entscheiden, was das Kind zu jedem Zeitpunkt im Leben zu denken und zu tun hatte!
Das Kind hat, nach ihrer „Logik“, keinerlei Recht auf Selbstbestimmung.
Das ging bei uns so weit, dass sie sogar kontrollieren wollten wie ich atmete, wann ich mir die Nase putzte, wie ich lief, wie ich die Wäsche wusch oder ich Wasser kochte.
Das war wirklich sehr extrem, wie sie sich aufführten, und rückblickend kann ich nur sagen, dass diese beiden Menschen total geisteskrank waren – doch die Umwelt hat trotzdem nie eingegriffen.
Da waren alle auf ihre eigenen Vorteile bedacht und wollten lieber erst ihr eigenes Schäfchen ins Trockene holen, bevor man eventuell die Gans angriff, die die goldenen Eier legte.
Ich habe bislang noch keine anderen Beispiele von einem so extremen Verhalten gesehen, wie meine Eltern es an den Tag legten, dennoch ist es mir sehr wichtig, zu unterstreichen, dass jeder Mensch eine gewisse Autonomie gewinnen und sich bewahren muss, um geistig gesund zu werden und zu verbleiben.
Dabei muss man nicht pauschal gegen jede und alle Abhängigkeiten sein, denn ganz ohne Abhängigkeiten kann der Homo Sapiens Sapiens wohl kaum überleben. Selbst Einsiedler brauchen ab und an mal Hilfe und sind zu einem gewissen Grad von Umwelt und Menschheit abhängig.
Doch wichtig ist, dass man sich zu nichts drängen lässt, egal ob dieser Druck offen oder verdeckt angewandt wird. Man sollte seine Entscheidungen lediglich mit gesunder Vernunft fällen und das im Leben tun, wovon man überzeugt ist, dass es das Beste ist.
Ein Narzisst wird ständig versuchen, seine Opfer zu irgendwelchen Handlungen, Versprechen oder Zugeständnissen zu bewegen.
Lassen Sie sich nicht unter Druck stellen und zu nichts hinreißen. Räumen Sie sich beispielsweise eine Bedenkzeit ein, wenn dies nötig sein sollte und sorgen Sie vor allem dafür, den Narzissten auf Distanz zu halten.
Sie selbst sind Herr über Ihre Gedanken und über Ihr Leben – und niemand anderes! Geben Sie Ihrer Meinung, Ihrer Überzeugung und ihrer Persönlichkeit genügend Raum, sich zu entwickeln und zu entfalten und sorgen Sie dafür, dass auch Sie in dem Masse, wie es natürlich und angemessen ist, auf Ihre Umgebung wirken können.
Jeder Mensch hat das Recht, Teil der Gemeinschaft zu sein. Niemand sollte das Gefühl haben, sich zurückhalten zu müssen, weil er einst von einem Narzissten dafür angegriffen wurde.
Was der Narzisst mit seinem Opfer macht, ist genauso unverschämt wie anmaßend. In der Tat, ist es ein so extrem großes Vergehen (und Verbrechen) an seinen Mitmenschen, dass es eigentlich unter Strafe stehen sollte.
Solche Sachen sind nur sehr schwer nachzuweisen, darum kommen so viele Narzissten ungescholten davon.
Dagegen können Sie vermutlich nicht so viel tun, doch was Sie tun können, ist, sich selbst zu beschützen und jene, die Ihnen nahestehen, wie beispielsweise ihre eigenen Kinder. Diese können Sie beschützen, indem Sie sich einfach von dem Narzissten mental zurückziehen.
Das braucht kein Drama zu sein; am besten Sie bleiben auch in Zukunft nett und freundlich – doch lassen Sie den Narzissten nie wieder Zugriff zu Ihren eigenen Gedanken, Plänen oder gar Geheimnissen haben. Er würde dieses Vertrauen ganz bestimmt missbrauchen.
Mehr darüber, wie narzisstische Eltern vorgehen und wie man als erwachsenes Kind sich selbst heilen und dagegen ankämpfen kann, dass die Eltern dieses Spiel endlos fortsetzen, kann man in diesem Buch lesen:
Kindheit unter der Herrschaft narzisstischer Eltern.
Ein Artikel-Verzeichnis mit vielen weiteren Beiträgen über Narzissmus findet man hier.
Disclaimer (Haftungsauschluss) für diesen Artikel
Bildnachweis:
- Foto: The Lazy Artist Gallery
- Foto: Umschlag vom NVP-Verlag