Eine Opferrolle nimmt ein Mensch ein, der eine Opferhaltung hat.
Eine Opferhaltung kann entstehen, wenn man sich ausgeliefert, ohnmächtig und hilflos gegenüber eines oder mehreren tragischen Geschehen oder in Beziehung auf bestimmte Personen oder Gegebenheiten fühlt.
Die grundlegende Problematik
Als Opfer einer Gewalttat oder als Co-Narzisst hat man in der Regel durchaus allen Grund, sich so zu fühlen und eine Opferhaltung einzunehmen, denn man ist auch wirklich Opfer geworden – und das ist nichts, das einfach so weggeht, sondern ein ganzes Leben lang dasein wird und einen auf längere Sicht benachteiligt.
Lösungsversuche und Begrenzungen
Je nachdem, wieweit Urvertrauen und Umwelt noch intakt sind, kann es dem Betreffenden gelingen, aus der Opferrolle auszubrechen, denn im Grunde braucht man nur an das Gute in sich selbst (und im Menschen) zu glauben und daran, dass man eigentlich alles kann, was man will, denn der Mensch erschafft sich selbst sein letztendliches Schicksal, indem er entscheidet, wie er sich selbst dazu verhält. Daraus resultiert letztendlich auch, was das Leben ihn an guten und schlechten Erlebnissen einem bietet.
Allerdings ist es auch so, dass man die Vergangenheit nicht ungeschehen machen und Benachteiligungen und Traumata nicht so einfach ausgleichen kann.
Diese Wunden werden immer da sein – auch wenn sie mit der Zeit vielleicht ein wenig verblassen.
Gesellschaftlicher Druck
Wenn einem die Gesellschaft heutzutage dann vielleicht noch mehr als zu vergangenen Zeiten nahelegt, dass man sich gefälligst zusammenreißen und eine positive Einstellung einnehmen soll, dann ist das ganz bestimmt nichts, was Wunden heilt, sondern nur noch mehr Druck ausübt und Menschen im Verborgenen leiden lässt.
Nur ein Ausweg
Das grundlegende Problem ist, dass derjenige, der das Opfer in seine Situation gebracht hat eine Reihe von Ereignissen ausgelöst hat, die einen tiefen Eingriff in das Leben und die Psyche des Opfers bedeuten.
Das Wichtigste ist, dass man zunächst anerkennt, was passiert ist und sich auch nicht darin beirren lässt, dass es so war, wie es tatsächlich vor sich ging.
Viele Menschen meinen, dass man den Mund halten sollte, dass es nicht so schlimm gewesen sein kann oder umgekehrt, sie machen ein Drama aus Geschehnissen, die für einen selbst nicht sonderlich bedeutend sind.
Somit ist das Wichtigste, dass man erst einmal für sich selbst herausfindet, was wirklich geschehen ist und an der eigenen Version, so wie man es nicht nur erlebet hat, sondern auch im Nachhinein sieht, festhält, egal, was andere sagen.
Jetzt sind wir eigentlich auch schon bei der Traumaaufarbeitung. Soweit man dies tun kann, sollte man es tun, doch das Wichtigste ist auch hier, dass man sich nicht beirren lässt und an dem festhält, von dem man weiss, dass es die Wahrheit ist. Dies sollte allerdings nicht dafür im Wege stehen, dass man seinen eigenen Weg aus der Krise und generell im Leben finden kann.
Im Verborgenen zu leiden ist furchtbar. Um dies zu ändern, muss man der Opferfalle entwischen, egal, wie schlimm die Auyswirkungen dessen sind, was einem angetan wurde.
Es ist also nicht so einfach, die richtige Entscheidung zu treffen, denn egal, wie man sich entscheidet, alles hat seine Vor- und Nachteile.
Doch eins sollte man stets beherzigen: Man sollte schauen, wo man sich heute befindet und wo man gerne hin will.
Wenn man so weitermacht, wie bisher, wie stehen die Chancen, dass man es schafft, seine Ziele zu erreichen?
Wenn man in 40 Jahren dann zurückblickt, wird man vermutlich bereuen, dass man das ganze Leben vergeudet hat, weil man sich nicht energischer dafür entschieden hat, den ganzen Kummer links liegen zu lassen und stattdessen härter dafür zu arbeiten, sich trotz allem ein gutes Leben aufzubauen!
Jeder Rat ist eigentlich eine Zumutung
Ehrlich gesagt, es ist schon eine Zumutung, Menschen, die mehr oder weniger tief traumatisiert sind, einen Vortrag über Opferhaltung zu geben.
Schließlich haben sie reichlich Gründe (und ganz bestimmt auch das Recht), sich als Opfer zu fühlen.
Nur ist es leider auch so, dass es auch so etwas wie eine Opfer-Falle gibt, die ganz schnell zuschnappen kann und aus der man sich meist nur sehr schwer selbst befreien kann.
Heutzutage wird das Opfersein von vielen Seiten unterstützt, indem einem beispielsweise halbherziger Zuspruch und Übereinstimmung auf sozialen Medien entgegen kommt oder man von der Krankenversicherung einen Psychologen bezahlt oder und vom Staat finanzielle Unterstützung erhalten kann.
Allerdings sind das alles nur Trostpflaster und keine wirklichen Hilfen, die auf lange Sicht alles ändern würden.
Tatsächliche Änderungen
Wirkliche Änderungen kann man nur selbst herbeiführen, indem man aktiv für ein besseres Schicksal arbeitet und versucht, sich eine Einstellung zuzulegen, die weitaus positiver ist, als jene, die man bislang hatte (weil man eben alles Mögliche hat erleiden müssen).
Es ist nicht einfach, sich dazu durchzuringen, denn es gibt unendlich Vieles zu bewältigen und natürlich auch immer wieder Rückschläge, doch es ist der einzige Weg, der sich lohnt, dass man ihn einschlägt.
Alles andere bedeutet lediglich Leiden ohne Ende – und das wäre doch wirklich schade, wenn Ihr Peiniger Ihnen auch das noch antun würde!
Quelle:
Der obige Beitrag stammt aus dem Buch Elterlichen Narzissmus verstehen.
Dort findet man alles zum Thema leicht verständlich erklärt. Dies kann u.a. helfen, sich zumindest mental von narzisstischen Eltern zu distanzieren, auf seine eigenen Rechte zu bestehen und fortan ein weitaus positiveres Leben zu führen, in dem es wieder viele Glücksmomente gibt.
Ein Artikel-Verzeichnis mit vielen weiteren Beiträgen über Narzissmus findet man hier.
Disclaimer (Haftungsauschluss) für diesen Artikel
Bildnachweis:
- Foto: Pedro Figueras
- Umschlag: NVP