Jahrelanges Leid
Viele Kinder narzisstischer Eltern leiden nicht selten jahrzehntelang unter deren Schikanen und den daraus entstandenen Symptomatiken und Konsequenzen, die dies für sie hat, bevor es ihnen langsam zu dämmern beginnt, dass sie vielleicht doch nicht die Schlimmen sind und ihnen möglicherweise doch ein furchtbares Unrecht angetan wurde, obwohl die ganze Welt so tut, als sei dies nicht der Fall.
Nicht allein
Dann kommt der Zeitpunkt, wo sie überraschenderweise herausfinden, dass sie nicht alleine sind, dass es andere Menschen gibt, denen es genauso geht, die genauso zu Unrecht angeprangert, missbraucht und fälschlich beschuldigt und gemobbt wurden.
Diagnose
Auf einmal gibt es für dieses Leiden sogar einen Namen (nämlich Narzissmus) und man erhält die Bestätigung, dass man sich das Ganze doch nicht eingebildet hat. In der Tat ist es nicht einmal die eigene Geisteskrankheit, unter die man so sehr gelitten hat, sondern die eines anderen Menschen, der seine Aufsichtspflicht verletzt und die Situation schamlos ausgenutzt hat.
Ein neuer Lebensweg beginnt
Wie geht man, nachdem man zu dieser Erkenntnis gekommen ist, dann mit dem (oder den) Betreffenden um?
Nun, zunächst ist Information das A und O. Je mehr man über die narzisstische Persönlichkeitsstörung weiß und desto besser man die Zusammenhänge versteht, um so besser kann man sich selbst beschützen.
Und darum geht es in erster Linie:
Man muss, jetzt, wo man weiß, was Narzissten anrichten können, sich fortan besser beschützen, denn Eltern mit dieser Art von Persönlichkeitsstörung scheuen vor nichts zurück.
Gibt man ihnen den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand und sobald man anfängt, sich emotional abzunabeln und sie darum bittet, sich doch bitte korrekt und nicht mehr manipulativ zu benehmen, werden sie zunächst alles leugnen und wenn das alles nützt, selbst den Kontakt abbrechen.
Daher sollte man nichts übers Knie brechen. Das Verstehen, die Erkenntnis und das Erforschen des selbst brauchen Zeit.
In der Zwischenzeit ist es sicher weniger förderlich, sich weiterhin mit den Eltern auf gleicher Ebene wie bislang und unter gleichen Bedingungen zu treffen.
Setzt man keine Grenzen, distanziert man sich nicht auf die freundliche und höfliche Art, werden sie immer so weiter machen bis bis jetzt.
Auf der anderen Seite werden auch viele Eltern, die an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden, das Abnabeln und Erwachsenwerden des Kindes nicht akzeptieren und weiterhin stur den gewohnten Manipulationsritualen nachgehen.
Es ist also keine leichtes Unterfangen, die notwendigen Änderungen einzuführen und sich gleichzeitig auch noch sicher zu sein, das Richtige zu tun, zumal man sich darüber hinaus noch neu orientieren muss, da vieles sich auf einmal anders darstellt, als man bislang geglaubt hatte.
Glaubenskrise
Das kann einen in eine sehr tiefe Glaubenskrise stürzen, die eine Selbstfindung nötig macht, bei der man nicht nur für sich selbst definiert, was ist noch wahr und was nicht, sondern auch schaut, wohin gehe ich von hier und auf wen und was kann ich mich noch verlassen.
Ein gutes Beispiel für eine solche Glaubenskrise findet man in Stings
If I loose my faith in you
https://www.youtube.com/watch?v=16B_eO00ddw
Rechtliche Fragen
Rechtliche Fragen werden auch auftauchen und ob es vielleicht noch möglich ist, Gerechtigkeit zu erlangen, indem man beispielsweise versucht, den eigenen Ruf zu retten, Gestohlenes zurückverlangt oder gar versucht, die Schuldigen strafrechtlich zu verfolgen.
Neuorientierung
Doch meistens sieht es eher so aus: Das Kind narzisstischer Eltern hat durch das neue Wissen und den dadurch stark veränderten Standpunkt erst einmal völlig den Boden unter den Füßen weggerissen bekommen und muss sich nur erst einmal im Alltag zurechtfinden, während das schmerzende Bewusstsein entsteht, wie sehr es misshandelt, belogen und betrogen worden ist.
Man fragt sich, warum man nicht schon vor langer Zeit eins und eins zusammenzählen konnte und so lange in der Opferposition verharrt hat.
Doch was konnte man anders tun? Man war ja schließlich ein Kind und Narzissten sind Meister der Täuschung und passen ihre Manipulationstechniken stets so perfekt an, dass sie niemanden entweichen lassen.
Man muss sich also vergeben und dann nach vorne schauen.
Was anderes wird einen kaum übrig bleiben, denn obwohl man dem Schmerz und der Enttäuschung nicht den Rücken kehren kann, es kommt niemand, der ihn heilen wird, da ist man leider ganz auf sich allein gestellt und muss selbst sehen, wie man sich damit arrangiert und trotzdem irgendwie für Gerechtigkeit sorgt, indem man zumindest die Gegenwart und die Zukunft für sich positiv gestaltet.
Kontaktabbruch
Ob man mit narzisstischen Eltern den Kontakt ganz abbrechen sollte, liegt nicht nur an einem selbst, sondern auch daran, wie schwerwiegend die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist und wie weit dies das Miteinander beeinflusst.
Ist man lediglich die Meinung, dass die Eltern dieses oder jenes etwas optimaler hätten gestalten können, ist es sicher besser, wenn man den Kontakt aufrecht erhält und lediglich selbstbestimmte Grenzen setzt, welche die Privatsphäre und die eigene Integrität schützen, aber ansonsten ein freundliches oder vielleicht sogar ein liebevolles Verhältnis aufrecht erhält und pflegt.
Wie gesagt, dies gilt für moderate Fälle, wo es sich lediglich um Dinge handelt, die nicht ganz so gut waren.
Im Grunde ist es immer das Idealste, Familien zu reparieren, als sie auseinanderzureißen.
Allerdings wird der Hauptteil der Eltern mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung es gar nicht zulassen wollen, dass das Kind auf einmal Grenzen setzt und tonangebend wird.
Dies ist bereits eine gute Indikation dafür, dass es sich beim Narzissmus der Eltern nicht nur um relativ oberflächliche Dinge wie Karrierewünsche und Ansehen der Familie handelt, sondern dass die Persönlichkeitsstörung des betreffenden Elternteils tief in der Familienstruktur verankert ist und dass ein Alltag ohne narzisstischer Manipulation des missbrauchenden Elternteils undenkbar ist.
Aber auch hier erübrigt sich in der Redel ein Abbrechen des Kontakts, da ein Elternteil, der stark missbräuchliche Tendenzen hat, selbst den Kontakt abbrechen wird, sobald er merkt, dass er mit seiner Manipulation nichts mehr bewegen kann.
Eigentlich bist es nur notwendig, selbst den Kontakt abzubrechen, wenn Gefahr für Leib und Seele besteht. Doch in diesem Fall reicht der Kontaktabbruch vermutlich auch nicht aus. Oft wird es dann zusätzlich noch notwendig, sicher zu stellen, dass der Narzisst einen überhaupt nicht mehr finden, oder zumindest keinen physischen Kontakt mehr herstellen kann.
Im Zweifelsfall ist immer besser, sich vom Fachmann beraten zu lassen und man sollte sich auch nicht scheuen, Polizei, Frauenhaus, Staatsanwaltschaft oder Rechtsanwalt einzuschalten, wenn die Lage dies erfordert.
Sehr unterschiedliche Fälle
Doch wie gesagt, Narzissmus existiert in einem weiten Spektrum.
Manche Eltern haben lediglich überzogene Ambitionen und einen weniger sinnvollen Erziehungsstil, während andere ihre Kinder auf eine so perverse Art misshandeln, dass sie ein Leben lang darunter leiden und die Scherben ihres Lebens nie werden kitten können.
Ein Anrecht darauf, noch weiterhin über das Leben ihres erwachsenen Kindes zu bestimmen, haben Eltern nicht, es sei denn es liegen bestimmte Umstände vor, wie beispielsweise ein stark behindertes Kind, das auch im erwachsenen Alter noch die Pflege der Eltern benötigt.
Aber selbst in einem solchen Fall müssen die Behörden eingeschaltet werden, wenn das Kind misshandelt wird oder beispielsweise ein begründeter Verdacht auf Münchhausen-Stellvertretersyndrom besteht.
Neue Regeln sind zu beachten
Hat man sich entschieden, mit den eigenen Eltern (oder auch anderen Verwandten) den Kontakt nicht abzubrechen und lediglich neue Regel zu implementieren, ist es wichtig, dass man dafür sorgt, dass diese auch respektiert werden.
Sind die Eltern es gewohnt, mit schmutzigen Tricks zu arbeiten und Schuldgefühle, Vorwürfe, Beschämen und andere Formen der emotionalen Erpressung regelmäßig einzusetzen, werden sie kaum davon ablassen, nur weil das Kind, welches in ihren Augen sowieso nichts zählt und zu sagen hat, es auf einmal so will.
Teils tun sie das aus Gewohnheit, teils weil sie vermutlich gar keine Ahnung haben, dass dies ein ernsthaftes Vergehen ist und sie selbst eine Persönlichkeitsstörung haben und aber auch weil sie, wenn ihnen diese Möglichkeit des Kontrollierens anderer plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht, höchstwahrscheinlich gar nicht wissen, wie man sonst mit Menschen umgeht, ohne sich selbst total breitschlagen zu lassen.
Es müssen also nicht unbedingt böse Absichten dahinter stecken.
Dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist und unter Umständen gar nicht weiß, wie man sich richtig verhält, kann schon ausreichen.
Aufklären und Konsequenzen ziehen
Da hilft gute, freundlich und empathisch gestaltete Aufklärung.
Ist der narzisstische Elternteil nicht bereit, sich aufklären zu lassen und akzeptiert er auch keine Grenzen, weiß man zumindest, dass man es nicht mit jemandem zu tun hat, der nichts Böses meinte.
Dies gilt auch für Leute, die sich weigern, ihre Kinder höflich und respektvoll zu behandeln, oder/und die irrationales Verhalten (wie Tobsucht- oder Wutanfälle), kriminelle Taktiken (wie Gaslighting und Üble Nachrede) weiterhin einsetzten, Menschen gegeneinander ausspielen oder weiterhin in unlaute Machenschaften verstrickt sein wollen.
Unter solchen Bedingungen wird es dann sehr schwer werden, den Kontakt aufrechtzuerhalten und gleichzeitig das eigene geistige und physische Wohlbefinden zu sichern.
Eine Artikel-Sammlung mit weiteren Beiträgen über elterlichen Narzissmus findet man hier.
Disclaimer (Haftungsauschluss) für diesen Artikel
Bildnachweis:
- Foto: Pixabay (Anmerkung: Die darauf abgebildeten Personen haben nichts mit dem Thema Narzissmus zu tun und sind lediglich Modelle auf einem Public Domain-Foto.)